
Velo-Reservationspflicht bei den SBB
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Die Velo-Reservationspflicht gilt vom 21. März bis 31. Oktober
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neu von Freitag bis Sonntag und an Feiertagen auf allen IC-Linien.
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täglich für die Linien IC2/21 durch den Gotthard-Basistunnel (Basel/Zürich–Tessin).
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täglich für die Linien IC5/51 am Jurasüdfuss (Basel–Biel/Bienne, St. Gallen/Zürich–Biel/Bienne–Lausanne/Genève).
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Neu können in internationalen Zügen innerhalb der Schweiz Velo-Plätze reserviert werden. Die Reservationspflicht gilt ganzjährig und an jedem Tag.
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Auf einzelnen Verbindungen gibt es mehr Kapazitäten für Velos.
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Separate Reservation ist erforderlich (zusätzlich zum Velo-Billett).
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Reservationspreis sinkt von 5 auf 2 Franken, ausserdem ist die Reservation neu für eine durchgängige Verbindung möglich, nicht nur für einen Streckenabschnitt.
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Velopass-Inhaber*innen erhalten 25 Reservationen kostenlos (Wert von 50 Franken).
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Laut SBB sind kurzfristig nur kleine Anpassungen beim Rollmaterial möglich, langfristig würden Massnahmen für zusätzliche Veloplätze geprüft werden.
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Weitere, aktuelle Informationen auf der Webseite der SBB und in ihrer Medienmitteilung.
Was haben wir bisher erreicht?
Über 3500 Menschen haben eine Beschwerdemail an die SBB gesendet und sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Die geplante Velo-Reservationspflicht ist öffentlich thematisiert worden, zuerst in der Deutschschweiz und dank uns auch in der Westschweiz (siehe Medienspiegel).- Wir haben den Organisationen, die mit den SBB verhandelt haben, den Rücken gestärkt und ein Entgegenkommen der SBB bewirkt. Die Auseinandersetzung mit den SBB haben zu einer Petition geführt.
Was wollen wir erreichen?
- Mehr Platz für Velos, Kinderwagen, Sportgeräte und Gepäckstücke, z.B. durch Multifunktionsabteile oder den Einsatz von Entlastungszügen oder Gepäckwagen zu Spitzenzeiten.
- Abschaffung der Reservationspflicht in IC-Zügen
- Bessere Kundeninformation auf dem Perron und einfacheres Ticketing (ein Ticket für alles)
- Bedürfnisse der Velofahrer*innen stärker miteinbeziehen, bei der Beschaffung neuer Zügen und der Gestaltung des Betriebs
- Falls die Reservationspflicht bleibt, soll diese
- kostenneutral sein (z.B. durch Senkung der Preise für Velobillette).
- einen sicheren Veloplatz garantieren.
- einfach und flexibel lösbar sein (ein Billett für Velo und Reservation, keine separate Reservation).
- auf IC-Strecken beschränkt sein, auf denen Engpässe bestehen.
Wie kam es zur Aktion MASSenmail?
Am 19. November 2020 erscheint in der Neuen Zürcher Zeitung der Artikel «Die SBB führen eine Reservationspflicht für den Veloverlad im Fernverkehr ein». Es wird berichtet, dass ab März 2021 in allen Intercity-Zügen der SBB eine Reservationspflicht für Velos gilt. Tags darauf folgt im Tages-Anzeiger der Artikel «Wer das Velo in den Zug nimmt, muss kostenpflichtig reservieren». Letzterer schafft es in die Runde der kritischen Einzelteile der Critical Mass, stösst eine rege Diskussion an und ruft Verständnis, aber vor allem Empörung hervor. Matteo reagiert mit folgender Nachricht:
«Lasst uns dazu eine Aktion machen! Wer mitmachen möchte → bitte schreib mir. Das wird lustig!»
Ich sage zu. Zwar habe ich noch nie eine solche Aktion gemacht. Doch zusammen starten Matteo und ich die Aktion MASSenmail an die SBB. Und es wird wirklich lustig!
Zuerst steht eine Petition zur Debatte. Nach einem Telefonat kommen wir schnell davon ab und einigen uns auf eine Massenmail-Aktion. Die Strategie ist einfach: Wir versenden eine Mobilisationsnachricht an viele kritische Einzelteile mit einem Link. Auf der Webseite lässt sich mit einem Klick eine Beschwerdemail erstellen. Empfänger*innen sind die SBB, ihr neuer Chef Vincent Ducrot; ins CC genommen werden die beiden Journalisten der NZZ und des Tages-Anzeigers, die über das Vorhaben der SBB berichtet haben sowie einige Organisationen, die sich für Velo- oder nachhaltigen Verkehr einsetzen. Dann wird die Mail verschickt.
Am 23. November, nach etlichen Nachrichten, Telefonaten und E-Mails hin und her, steht die Webseite mit dem MASSenmail-Generator, die Mobilisationsnachricht ist perfektioniert und gestalterisch ausgearbeitet. Matteo verschickt ein Probemail, es funktioniert! Ich versende um 10.54 Uhr die Mobinachricht in möglichst viele Chats. Um 11.07 Uhr versende ich meine eigene MASSenmail.
Verschnaufpause. Wir haben alles, was wir wollen, oder? Natürlich nicht!
Wir bringen unsere Aktion in die Westschweiz!
Ich bekomme um 14.07 Uhr eine Anfrage von Tim, einem französischsprachigen kritischen Einzelteil:
«Auriez vous comme projet de rajouter une version française, […] pour que le message puisse être porté plus largement encore ? J'aide volontier en ce sens dans la mesure de mes capacité si vous le souhaitez !»
Nein, wir haben keine französischsprachige Version geplant. Aber wir nehmen die Herausforderung gerne an. Die Aktion kritisches MASSenmail gegen Reservationspflicht für Velos bekommt den zweiten Namen Envoi de mails MASSIF aux CFF contre la réservation obligatoire pour les vélos dans leurs trains. Tim, Géraud und Marie helfen uns beim Übersetzen.
Bereits am 24. November, um 15.55 Uhr folgt die Antwort der SBB auf meine MASSenmail.
Kurz vor sechs Uhr abends ist die Westschweizer Mail bereit, die deutschsprachige Webseite übersetzt und die Mobinachricht geschrieben. Nun kann Teil zwei des MASSenmails gestartet werden, der Envoi de mails MASSIF. Zu dem Zeitpunkt haben wir bereits über 700 Mails als Kopie erhalten.
Am Morgen des 25. Novembers, um 10.17 Uhr sind wir bereits bei 1182 versendeten Mails. Valentina übersetzt uns die Mobinachricht von französisch auf italienisch: Leider scheitern wir bei der italienischsprachigen Version aus Zeitgründen mit dem Übersetzen des MASSenmails.
Doch es geht weiter; bis am Abend sind bereits über 1600 Mails eingegangen, am nächsten Morgen 1824 Mails, davon 170 in französischer Sprache.
Matteo hat die Idee einer Dankesmail, womit wir alle Menschen, die an unserer Aktion teilgenommen haben, auf das Engagement der Vélorution aufmerksam machen wollen und unser weiteres Vorgehen vorstellen. In den folgenden Tagen sind wir wieder damit beschäftigt Mails zu schreiben und die Webseite zu aktualisieren. Und die Zahlen steigen weiter:
26. November 2020, 16.03 Uhr: 2000
27. November 2020, 09.21 Uhr: 2120
30. November 2020, 09.07 Uhr: 2422
11. Dezember 2020, 13.17 Uhr: 3500
Verschiedene Velo-Organisationen suchen mit den SBB das Gespräch. Da die neuen Regeln mehr Einschränkungen ergeben, viele Fragen nicht geklärt werden und dies ein Schritt in die falsche Richtung ist, wird am 26. Februar 2021 von der Vélorution und zwölf weiteren Organisationen die Petition für eine bessere Kombination Velo Zug lanciert.
Wir danken Tim, Géraud, Marie und Valentina fürs Übersetzen! Wir danken allen Menschen, die etwas zur Aktion beigetragen haben; die geholfen haben, die Aktion unter die Leute zu bringen, die die Webseite bearbeitet haben, die uns persönliche Rückmeldungen von den SBB zugeschickt haben und natürlich allen, die an der Aktion teilgenommen und mit den SBB diskutiert haben!
Mein persönlicher Dank geht an Matteo. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen und hätte keine Aktion gestartet. Ich habe superviel gelernt und freue mich bereits auf neue Abenteuer.
Velo-aktivistische Grüsse,
Moritz
Beschwerde gegen Reservationspflicht für Velos
Liebe SBB
Letzte Woche wurde bekannt, dass ab dem 21. März 2021 eine Reservationspflicht für Velos in Zügen gilt. Bereits bisher ist die Reise mit dem Velo im Zug kompliziert gewesen. Mit der neuen Regelung wird sie noch schwieriger und teurer.
Das Velo und der Zug sind ökologische Verkehrsmittel, die sich ideal ergänzen. Die Kombination Velo-Zug ermöglicht ein optimales Reisen über grosse Strecken. Gleichzeitig ist der Anschluss vom Bahnhof zum Ziel flexibel gewährleistet, beispielsweise bis zum Arbeitsort oder Ausflugsziel. Viele Velofahrer*innen benutzen den Zug mit Velo täglich, auch weil sie am Zielort auf ihr Velo angewiesen sind. Etliche würden mit der Reservationspflicht auf das Auto umsteigen, erst recht, wenn jede Fahrt nebst dem Velobillett fünf Franken zusätzlich kostet.
Mit einem attraktiven Angebot für Velofahrer*innen lassen sich viele Menschen zum Zugfahren bewegen. Ich wünsche mir, dass die SBB mit Velofahrer*innen an einen Tisch sitzt und die Kombination Velo-Zug fördert.
Freundliche Grüsse
Antwort der SBB auf meine Beschwerdemail
Sehr geehrter Herr XXX
Herzlichen Dank für Ihre offenen Worte zu unseren Plänen beim Veloselbstverlad.
Sie sind gerne mit Ihrem Velo im Zug unterwegs, das freut uns. Der Veloselbstverlad im öffentlichen Verkehr liegt uns genauso am Herzen wie Ihnen. Unser Ziel ist es, die Zuverlässigkeit zu erhöhen, weshalb wir künftig neue Wege «fahren». Gerne antworten wir Ihnen und anderen Kritikern der Reservationspflicht einheitlich und zeigen unsere Überlegungen auf.
Wir möchten bezüglich des Angebots Klarheit schaffen. Deshalb haben wir kurz- und längerfristige Massnahmen getroffen, um dies einfacher & kundenfreundlicher zu gestalten sowie die Kommunikation zu verbessern.
Die hohen Spitzenfrequenzen beim Veloselbstverlad fordern uns stetig. Zur verbesserten Auslastung des Angebotes von Stellplätzen für den Veloselbstverlad führen wir ab Frühling 2021 auf allen IC/EC-Linien die Reservationspflicht ein. Damit möchten wir an Spitzentagen überfüllte Züge vermeiden und die Velomitnahme sicherstellen. Dank dieser Reservation haben Sie eine Wagen- und Platznummer und finden Ihren Veloplatz schneller. Mit der Einführung prüfen wir auch die Preisgestaltungen des Angebots. Die Reservationspflicht gilt bereits heute während der Velosaison auf einigen Fernverkehrslinien – zum Beispiel am Jurasüdfuss und auf der Nord-Süd-Achse am Gotthard. Eine Buchung kann bis kurz vor Abfahrt auf der SBB Mobile App getätigt werden. Zudem wird die SBB auf den wichtigsten Verbindungen zusätzliche Veloplätze schaffen. An Spitzentagen möchten wir in Zukunft die Kapazitäten für den Veloselbstverlad teilweise verdreifachen.
Die Perspektive der Kundinnen und Kunden sowie die gesamte Reisekette stehen bei der Neugestaltung des Angebotes «Reisen mit Velo» im Vordergrund. Der Langsamverkehr und die kombinierte Mobilität sind und bleiben für unsere Fahrgäste wichtige Anliegen, dessen sind wir uns bewusst. Mit den bestehenden Angeboten, Velo am Bahnhof und im Zug, der kombinierten Mobilität wie Mietvelo und dem Veloversand bauen wir zudem stetig weiter aus.
Ihre Einschätzung und Kritik lassen wir unseren Verantwortlichen gerne zukommen. So kennen auch diese den Original-Ton unserer Kundinnen und Kunden.
Wir freuen uns, wenn wir Sie weiterhin – mit oder ohne Velo in unseren Zügen begrüssen dürfen.
Freundliche Grüsse
In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass Faltvelos neu ohne Verpackung kostenlos transportiert werden können. Dies ist bereits so gewesen und keine Neuerung, weshalb wir den Satz gestrichen haben. Zudem haben wir die Aufzählung der Veloplatz-reservationspflichtigen Züge ergänzt und je Linie den Zeitraum der Reservationspflicht angegeben.